8. November 2018

[Reisebetrachtung] Die schönsten Länder der Welt fangen mit SCHW an


Gesellschaftliche Visionen gibt es viele. Für Deutschland, für Europa, für die Welt. Utopien. Träume. Dringend nötig sind sie ohne Zweifel. Man muß das Rad aber nicht zum zweiten Mal erfinden oder den dritten Schritt vor dem zweiten machen: Es gibt bereits Länder, die dem Paradies ziemlich nahekommen. – Ein soziologischer (Reise-)Bericht über ein gewisses skandinavisches Land und all das Schöne, was wir deutsche Weltverbesserer von dort lernen können.

Paradies? Ist das nicht ein bißchen viel verlangt? Solange die Vorstellungskraft (noch) nicht ausreicht, sich durch die Luft fliegende Bananen und Brathähnchen – meinetwegen auch aus Tofu – vorzustellen, kommt Schweden weltlich dem Paradies schon sehr nahe. Sprachlich ohnedies: EDEN ist ja schon im Namen enthalten. (Das „SCH“ steht für „Logik“, das „W“ für „Verbindung“, wie Kenner und Eingeweihte wissen: demnach ist SCHWEDEN die „logische Verbindung mit Eden“. Gott würfelt halt nicht.)


Ich bin für knappe drei Wochen nach Skandinavien aufgebrochen, zum Wandern. Auto, Fähre, wieder Auto. Vorab plagt mich ein wenig die Sorge, an der Grenze – bei der Fährausfahrt – womöglich Probleme zu bekommen, weil mein Ausweis seit einigen Tagen abgelaufen ist. Doch werde ich alle Male einfach durchgewunken. (Als ich für die Rückfahrt mein Ticket bei der polnischen Fährgesellschaft vor Ort in Ystad kaufen will, hadert die Schalterangestellte dann doch wegen des Ausweises – sie dürfe mich damit nicht nach Polen einreisen lassen (nach Swinemünde auf Usedom); ich solle versuchen, von Trelleborg nach Saßnitz zu fahren – das würde sicher funktionieren. Hurra, wir leben in einem vereinten Europa! Beim benachbarten Schalter, dem skandinavischen Mittbewerber, ist es dann indes kein Problem. Und obendrein billiger.) Ich mag mir an der Stelle übrigens folgende Zwischenfrage nicht sparen: Warum ist die Fahrt von Trelleborg zum nunmehr polnischen Swinemünde ein sattes Stück billiger als die zum deutschen Saßnitz, obschon ein gutes Stück weiter? Die gleichen Schiffe, der gleiche Diesel, die gleiche Menge Besatzung, die (hoffentlich) gleichen Sicherheitsbestimmungen und Wartungsintervalle … Ach so, wir Deutsche haben ja mehr Geld! Oder bekommen die Angestellten bei der gleichen Fährlinie auf der anderen Strecke etwa mehr Gehalt? Falls ja: Warum eigentlich?

Also zurück zur vermeintlichen Grenzkontrolle: Bei mehr als 2000 Kilometern mit dem Auto über Land und durch einige Städte sehe ich nur ein einziges Mal Politsei in Schweden. Da stehen ein adrette junge Dame und ein junger Bursche, beide in schicker Uniform, an der Straße, vor und hinter einem liegengebliebenen LKW – und schauen sich ganz freundlich gelöst einfach die vorbeifahrenden Autos an. Erst später fällt mir auf: Ich hatte das Abblendlicht nicht eingeschaltet, wie es Pflicht ist. Na und? Das hat die Polizisten auch nicht aus der freundlichen Ruhe gebracht. Nachdem ich mindestens 600 Kilometer unterwegs war, hat mich mal ein aufmerksamer Autofahrer kurz angeblinkt, und da ging mir dann das Licht auf. Im Nachhinein ahne ich: das war wohl war ein deutscher Tourist.

Der sensationelle Knüller an der politseifreien Sache ist: Obschon ich nun mit einem um mehrere Tage abgelaufenen Ausweis unterwegs bin, niemals kontrolliert oder behelligt werde, führe ich weder einen Terroranschlag aus, noch verklappe ich irgendwo Müll oder verprügele Elche – unglaublich, oder? Und auch sonst beobachte ich keinen bei solchen Taten.

(Ja, es ist wahr: Man kann auch ohne amtliche Bestätigung oder Überwachung ein guter Mensch sein!)

Das grandiose  Allemansrätten, das Jedermannsrecht! Man darf lagern und zelten, wo man will. (Sofern man sich anständig benimmt. Das sollte sich ja ohnedies von selbst verstehen.) Es ist ja auch kein Mangel an wunderbaren und geeigneten Plätzen dafür. An den Tausenden herrlichen Seen voller glasklarem Trinkwasser überall öffentliche Badeplätze, oft mit Grill und Feuerstelle. Ferner gepflegte, individuell und naturnah gestaltete Rastplätze alle paar Kilometer. Nicht wie in Deutschland an der Autobahn extra abgesperrt zum Umland, sondern im Gegenteil extra mit Zugang zum benachbarten Badegewässer. Saubere (meist sogar Behinderten-)Toiletten und Mülleimer finden sich an den Straßen genauso wie an jedem Bade- und Rastplatz. Ja, weitgehend gepflegte Raststätten und anständige Imbißketten gibt es in Deutschland auch; doch Geld bezahlen für das kleine, allzu menschliche Bedürfnis? Nej, jedenfalls nirgendwo in Schweden! Und selbst mitgebrachte Speisen und Getränke verzehren? Jo, warum nicht? Quasi jedes Rastplats, jede Rastsätte namens vägrog (ich höre den Wegekrug heraus), jede Wanderhütte, jede Herberge und selbst McDonalds halten dafür eigens eine Mikrowelle für ihre Gäste vor. So sieht echter Kundenservice aus! Ja, in den rustikalen, aber märchenhaft gemütlichen Wanderhütten, Stugas, im Gebirge gibt es regelrechte Selbstbenutzungsküchen bester Güte und Ausstattung, ungeachtet weiterer Essenangebote zum Kaufen.


Nun, in den Schnellimbißketten funktioniert das mit dem Kaffe wie bei uns, ja, aber in den Restaurangs und Cafés findet sich oft das einnehmende påtår-Ritual (gesprochen: potor): Einmal sein Täßchen bezahlen, beliebig oft selbst an der Kaffeemaschine oder Thermoskanne füllen. Ich war ziemlich verblüfft und wollte schon abwinken, als der junge Kellner bei meiner Frage nach einem Käffchen in Richtung der vor seiner Theke stehenden Kaffeedurchlaufmaschine wies. Sie war nicht in Betrieb, doch er befüllte und startete sie eigens für mich, und gleich mit einer mehr als halbvollen Kanne. „Na, vielleicht nehmen sie ja meine Bestellung nun zum Anlaß, wieder Kaffee aufzusetzen“, war mein Gedanke, obschon es abends gegen Sieben war. Nein, das war für mich zum nachfüllen! Der Preis übrigens umgerechnet bei knapp 1,50 Euro. Ruckzuck zahlbar mit Karte, wie fast alles in Schweden (außer Bustickets, die sich nicht selten als gratis herausstellen … doch ich greife vor). Bequeme Sache. Ich habe im ganzen Schwedenurlaub keine einzige Krone in der Hand gehabt und auch keine gebraucht.

Und die Zurückhaltung! Kein Schwede wird ungefragt kluge Ratschläge erteilen, einen zurechtweisen, sich aufdringlich benehmen. Und das selbst dann nicht, wenn man etwas falsch macht, was ja mal passieren kann. In einer der Berghütten habe ich versehentlich mit den Bergschuhen in einer der Selbstbedienungsküchen hantiert, bis mir endlich auffiel, daß alle anderen in Socken oder Hausschlappen herumliefen und ihre Schuhe im Vorraum abgestellt hatten: Bemerkt hatten es sicherlich alle oder die meisten, gesagt oder komisch getan kein einziger. Mir fiel auch erst später auf, daß diese Kunden-Küchen wahrscheinlich in erster Linie für zahlende Nachtgäste im einfachen Lagerquartier sind, weniger für Zelter – ich bin mir bis jetzt nicht sicher. Manchmal zumindest müssen jene einen Pauschalbetrag dafür bezahlen, nicht selten auf Basis der Vertrauenskasse. Doch es hat sich niemand an mir gestört! (Ich habe, anstelle einer monetären Bezahlung, die Räume natürlich blitzblank und aufgeräumter hinterlassen, als ich sie vorfand. Ja, zweimal habe ich mich nach langer, schwerer Wandertour, einfach mit in die ohnedies betriebene Bastu – heißt Sauna – gesetzt, überaus dankbar, und ohne, daß jemand Anstoß daran genommen hätte.

Ach ja, und noch was Schönes zum Thema Berghütten: Es ist dort guter Brauch, daß es da Tauschkisten gibt: Wer irgend etwas an seinen Lebensmitteln nicht mehr braucht, läßt es einfach da für die nächsten vandrars, Wanderer. Ich habe jedesmal in den entsprechenden Regalen oder Kisten allerhand entdeckt; einmal – besonders willkommen – hochkalorische und dennoch extrem leichte Trekkingnahrung, einfach zubereitbar.

Ja, unaufdringlich sind sie, die Skandinavier – doch gleichzeitig achtsam und überaus hilfsbereit. Wo sie weniger reden, da helfen sie mehr. Einige Beispiele in chronologischer Folge: Etwas Wichtiges am etwa 800 Meter entfernt geparkten Auto, jenseits der Bahngleise, vergessend habend, bitte ich den Fernbusfahrer, auf meine Rückkehr zu warten – es sind nur 5 Minuten bis zur Abfahrt, und ich muß den Bus unbedingt kriegen. Wird prompt zugesagt und eingehalten. Als ich schnaufend zurückkomme, ist die freundliche Frage nur, ob ich das Gesuchte gefunden habe? Dann will ich das Biljett beim Fahrer bezahlen. Dessen Kartenlesegerät im Bus spinnt wohl. Er winkt mich freundlich durch, dann eben so. Exakt das gleiche passiert mir noch zweimal, wobei es einmal möglicherweise auch an meiner Karte liegt: Jedesmal wird mir die Fernfahrt schlicht geschenkt. Es geht dabei übrigens um einige hundert Kilometer – mehr als 70 Euro werden mir so erlassen.

Als ich nach der ersten Busankunft ausgestiegen bin und der Bus gerade abgefahren ist, fällt mir – ach Du Schreck!! - eine am Platz vergessene Jacke ein. Blitzartig wuchte ich meinen irre schweren Rucksack am Straßenrand ab, spurte dem Bus über Eck hinterher – es gelingt mir, vor ihn zu kommen und mit einer wedelnden Handbewegung auf mich aufmerksam zu machen. Die freundliche Busfahrerin hält an, öffnet lächelnd die Tür, und ich habe 3 Sekunden später meine Klamotte wieder; als ich dann die etwa 200 Meter zurückkomme zu meinem Gepäck; hat ein dort wartender älterer Herr eine verständnisvolle Bemerkung für mich übrig und gibt zu verstehen, er habe unterdessen sicherheitshalber mal auf meine Sachen aufgepaßt. (Höchstwahrscheinlich wäre das gar nicht nötig gewesen – ich habe dann noch mehrere Male Gepäck stundenlang irgendwo in der Öffentlichkeit stehengelassen: Es fällt einem Schweden (selbst einem öffentlich Angestellten oder verbeamteten) wohl im Traum nicht ein, sich an den Sachen anderer zu vergreifen. Auch der in Deutschland mittlerweile zum albernen Standard gewordene Mißtrauenshinweis auf Flughäfen und Bahnhöfen, sein Gepäck nicht unbeaufsichtigt zu lassen (es könnte ja sonst jemand Übereifriges auf den Gedanken kommen, es wäre eine Bombe drin), dürfte hier allenfalls auf Schmunzeln treffen.

Zurück zum Bus: Einmal steige ich bei einer Fernfahrt eine Station zu früh aus, irgendwas habe ich übersehen: Mit charmanter Geste winkt mich der Fahrer wieder herein, und gibt mir den Hinweis, ich bräuchte auch an der nächsten, der eigentlichen Station nicht umzusteigen, so er sich recht über mein eigentliches Ziel entsinne – sein Bus führe unter anderer Nummer dahin weiter, wo ich hin will.

Alles selbstverständlich? Schön wär´s. Zu Hause in Deutschland ist in solchen Fällen schon gern mal ein miesepetriger Rüffel zu erwarten, gerade von Busfahrern … (Nein, es gibt natürlich auch hier sehr freundliche! Aber die fallen prompt als Ausnahme auf. Oder?)

Einmal stehe ich etwas ratlos vor einem Parkscheinautomat – rätselnd, wie ich an den kostenlosen Schein für Ladennutzer komme. Ich lasse daher erstmal eine hinter mir wartende, jüngere Frau vor (etwas gröber im Auftritt, vielfach tätowiert), und schaue bei ihr zu: sie zieht wortlos ein solches Gratis-Ticket … und drückt es mir in die Hand, für mich. Dann nimmt sie noch eins für sich.

Als ich jemanden danach frage, wo ich das Auto für zwei Wochen in Bahnhofsnähe kostenlos parken kann, bekomme ich nicht nur den gesuchten Tip (unweit der Stationen ist ein riesiger Parkplatz am See, völlig kostenfei – denn es wird nirgendwo in Schweden künstliche Knappheit erzeugt um des Profits Willen, wie bei uns), sondern werde 15 Minuten später, wiedererkannt, auch gleich noch zur richtigen Buss-Plattform geführt.

Ein kleiner Exkurs zum Stichwort „künstliche Knappheit“: Ich war kaum wieder in Deutschland zurück, da konnte ich es erneut studieren, auf Usedom. Da ist ein Weg zu einem Parkplatz – Richtung Meer  – gekennzeichnet, und natürlich wimmelt es auf diesem Weg, obwohl an sich genug Platz ist, bereits von Park- und Halteverbotsschildern, damit die interessierten Wohnmobilnutzer dann auch ja ihre Gebühren auf dem eigentlichen Standplatz entrichten! Derselbige dann übrigens seinerseits mit Schranken verbarrikadiert und eingezäunt ähnlich einem Gefangenenlager. An der Stelle muß ich wirklich sagen: Widerlich! Und überhaupt: Da schreien sie alle nach mehr Touristen, die Kommunen. Aber kaum kommt einer, wird er von vorne bis hinten abgezockt! Kein Stand- oder Parkplatz, ohne zu bezahlen. Und mehr oder schönere Parkfläche wird es ja auch nicht durch Tickets und Verbotsschilder. Warum muß man in Deutschland an der Ostsee mittlerweile, genauso wie an der Nordsee, fast überall schon als Fußgänger Strandgebühr bezahlen? Gehört das Meer etwa jemandem? Ich als Thüringer würde die (Un-)Heiligendammer und Stral(unge)sunder dafür nur in unseren schönen Wald lassen gegen saftige Gebühren: Zumindest die, welche dort bei der Kommune knechten und ums Goldene Kalb tanzen.

Doch zurück nach dem logisch verbundenen (Garten) Eden. Was noch? Es gibt nur sehr dezent Werbung und Reklame. Wie entspannend das ist für die Augen und die Seele, wenn man durch ein Land fährt! Es gibt wunderbare Straßen, wenig LKW-Verkehr, gegen Null gehende Baustellen: Ja, nun, wie machen die das? Vielleicht wuppt die Bahn hier doch genau das, wofür sie besonders geeignet ist: Den Schwerlastverkehr? Natürlich, Schweden ist ein sattes Stück größer als Deutschland, und es wohnt nur ein gutes Zehntel der Menschen im ganzen Land. (Nebenbei: Wir müssen als eines der bevölkerungsreichsten Länder der Welt ja nicht gleich Leute ausweisen oder Euthanasie betreiben – aber zudem noch massenweise Leute aus aller Welt aufnehmen? Leute, die ganz andere Wertevorstellungen als wir haben? Ziemlich eindeutig: Nö!) Bei so geringer Bevölkerungsdichte wie in Skandinavien ist manches ja gewiß einfacher. Aber das allein kann es nicht sein. (Zumal ja auch die Straßen- und Schienendichte viel geringer ist.) Ein Quintett ist ja nicht automatisch besser als ein großes Orchester! Wenn jeder das richtige tut und alle an einem Strang ziehen – vor allem in eine Richtung – dann können grandiose Sinfonien zu Gehör kommen.

Und weiter? Ja, auch Blitzer gibt es in Schweden. Sogar reichlich! Viel mehr als bei uns. Doch sie sind immer (ja, immer!) wenige hundert Meter vorher angekündigt, meist mit dem noch mal erneuerten Hinweis, welche Geschwindigkeit hier gefahren werden darf. Sie stehen nie versteckt, sondern gut sichtbar am Straßenrand. Ich bin bei den etwa 2000 Kilometern und ungezählten Fahrstunden im Elchland nicht ein einziges Mal geblitzt worden; ich habe hier auch noch nichts von Knöllchen wegen Parkvergehens was gehört oder gesehen. Es geht also in Schweden eindeutig darum, den Verkehr zu regulieren, und nicht darum, Fahrern in die Tasche zu greifen. (Was selbst bei uns in vielen Kommunen letztlich völlig nutzlos ist, geben die meisten Städte doch etwa genausoviel Geld für die Ahndung der Ordnungswidrigkeiten aus, wie die damit einnehmen.)

Die zahlreichen Familienangebote in den Museen, die Selbstnutzungsangebote, die Vertrauenskassen, die nicht abgesperrten privaten Plätze und Orte, ja, die gesamte Infrastruktur zeigt Schweden als ein sehr kinder- und eben familienfreundliches Land. Das macht es einem ebenso sympathisch wie andererseits seine unaufdringliche Außenpolitik und die militärische Neutralität. Wie oft hat Schweden Soldaten in den Krieg geführt? Dreimal. In den letzten 500 Jahren. Einmal im Dreißigjährigen Krieg als Verbündete der Reformierten in Mitteldeutschland; einmal um Herrschaftsansprüche in Dänemark, und einmal in einem kleinen Hilfseinsatz im afrikanischen Kongo in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Doch, nein, halt! Derzeit haben die Schweden auch noch ein paar Dutzend Frau und Mann  in Afghanistan und Mali. (Denn die NATO versucht Schweden weiter an sich zu ziehen.) Gemessen an manch anderen Staaten mit erhöhter Wichtigkeit und Selbstanmaßung sind das Pipi-Langstrumpf-Streiche.

Zum Thema Unfrieden und NATO: Im Flygwapenmuseum von Saab erfuhr ich zwar zu meinem Erstaunen, daß es auch in Schweden zu Zeiten des Kalten Krieges wohl doch eine recht große Furcht gegeben haben soll vor einem Angriff der Sowjetunion oder des Ostblocks … (Ich kann das nicht nachvollziehen, aber so wird es dort dargestellt. Vielleicht ist da öffentliche und veröffentlichte Meinung, wie bei uns, auch nicht deckungsgleich.) Trotzdem hat sich das große Land mit den wenigen Einwohnern auf sich selbst verlassen und seine Landesverteidigung souverän selbst organisiert, und ist bis heute nicht den wohlfeilen und bequemen Einflüsterungen der NATO (ich höre da immer schon „Nahtod“ heraus) erlegen. Mit eigenen Flugzeugen, mit eigenen Panzern, mit eigenem Konzept. Wer wirklich frei sein will, der verläßt sich eben nicht auf andere, sondern vertraut sich selbst. (Und Gud.)

Ach ja: Wer in einer deutschen Metropole, einer mittleren Kreisstadt oder selbst noch auf dem Dorf in der Nähe einer Fernverkehrsstraße oder Autobahn lebt: Der hört doch eher mehrmals am Tag irgendwelche Sirenen und Martinshörner, sei´s von Polizei, Rettungswagen oder Feuerwehr. Also aufregende Alarmhast. Und in zweieinhalb Wochen Schweden, auf Straßen, in Städten, quer durchs Land von Nord nach Süd? Keinmal. Nirgendwo, ingenstans. Einfach Stille, unbeschwertes, gelöstes Miteinander.  Ja, wie machen die das denn nur? Was machen sie anders? Gibt’s da etwa weniger Herzinfarkte? Oder nur weniger Ärzte? Wahrscheinlich beides – und was hier Ursache und was Folge des andern ist, sei dahingestellt.

Und, irgendwelche Einwände bisher? Finden Sie nicht auch, daß allerhand in Schweden besser läuft als in Deutschland? Natürlich kann ich nach einigen Urlauben – und ohne die Landessprache zu beherrschen – nicht behaupten, ich kennte dieses Land. Ich weiß wenig bis nichts von den Sorgen (?) und Freuden seiner Bewohner. Doch es scheint mir sehr deutlich, die Skandinavier gingen erheblich rücksichtsvoller und bewußter miteinander und ihrem Land, ihren Ländern (in Norwegen ist es wohl nicht viel anders) um. Mit sich, mit einander, mit ihrem Gemeinwesen. Ich sage daß als eingefleischter Liebhaber meiner Heimat, als Patriot, als Liebhaber Deutschlands, nicht ohne Verdruß. Verdruß darüber, daß es zumindest einige andere soviel besser können als wir, wie es scheint. Wenn es darum geht, Gutes und Schönes über Deutschland zu sagen, bin ich sonst an erster Stelle! Aber mit Gutem meine ich wirklich nurmehr das deutsche LAND. Keinesfalls den STAAT. Der hat abgewirtschaftet und ist im jetzigen Zustand keinen Pfifferling mehr wert. Zumindest ich verwettete keinen roten Steuercent mehr auf unsere öffentliche Verwaltung. Die ist unrettbar hin. Und ich bin der letzte, der ihr nachtrauert.

Ja, und was meinte ich nun eigentlich für drei Länder, die mit SCH und W anfangen? Neben der Schweiz noch (die allerdings, so gipfelschön sie ist, vielleicht noch schlimmer ordnungsversessen und überreguliert ist, als wir es sind). Diesbezüglich muß ich mich bei den zahlreichen mohammedanischen Zuwanderern bedanken, die uns, ob ernst oder scherzhaft (ich weiß es wirklich nicht), ja angeblich als „Schweinefresserland“ bezeichnen. Klingt böse! Doch ich habe das noch nie ernsthaft von einem gehört, kenne auch das nur aus den überdrehten Medien. Leider stimmt es ja aber in der Sache doch: Nicht nur, wie wir mit unseren Bürgern, sondern auch unseren Tieren umgehen, gerade den Schweinen, ist unter aller Sau. Und spricht nicht für achtsamen Umgang mit dem, was man uns gegeben hat. Mit dem Land, mit der Umwelt, schlicht mit der Schöpfung. Dann doch lieber Köttbullar oder gebratene Hähnchen aus Tofu, die durch die Luft fliegen. Oder Sverige als Ganzes.