Gesellschaftliche
Visionen gibt es viele. Für Deutschland, für Europa, für die Welt. Utopien. Träume.
Dringend nötig sind sie ohne Zweifel. Man muß das Rad aber nicht zum zweiten
Mal erfinden oder den dritten Schritt vor dem zweiten machen: Es gibt bereits
Länder, die dem Paradies ziemlich nahekommen. – Ein soziologischer (Reise-)Bericht
über ein gewisses skandinavisches Land und all das Schöne, was wir deutsche
Weltverbesserer von dort lernen können.
Paradies? Ist das nicht ein bißchen viel verlangt?
Solange die Vorstellungskraft (noch) nicht ausreicht, sich durch die Luft
fliegende Bananen und Brathähnchen – meinetwegen auch aus Tofu – vorzustellen, kommt
Schweden weltlich dem Paradies schon sehr nahe. Sprachlich ohnedies: EDEN ist
ja schon im Namen enthalten. (Das „SCH“ steht für „Logik“, das „W“ für
„Verbindung“, wie Kenner und Eingeweihte wissen: demnach ist SCHWEDEN die
„logische Verbindung mit Eden“. Gott würfelt halt nicht.)
Ich bin für knappe drei Wochen nach Skandinavien
aufgebrochen, zum Wandern. Auto, Fähre, wieder Auto. Vorab plagt mich ein wenig
die Sorge, an der Grenze – bei der Fährausfahrt – womöglich Probleme zu
bekommen, weil mein Ausweis seit einigen Tagen abgelaufen ist. Doch werde ich alle
Male einfach durchgewunken. (Als ich für die Rückfahrt mein Ticket bei der
polnischen Fährgesellschaft vor Ort in Ystad kaufen will, hadert die
Schalterangestellte dann doch wegen des Ausweises – sie dürfe mich damit nicht
nach Polen einreisen lassen (nach Swinemünde auf Usedom); ich solle versuchen,
von Trelleborg nach Saßnitz zu fahren – das würde sicher funktionieren. Hurra,
wir leben in einem vereinten Europa! Beim benachbarten Schalter, dem skandinavischen
Mittbewerber, ist es dann indes kein Problem. Und obendrein billiger.) Ich mag
mir an der Stelle übrigens folgende Zwischenfrage nicht sparen: Warum ist die
Fahrt von Trelleborg zum nunmehr polnischen Swinemünde ein sattes Stück billiger
als die zum deutschen Saßnitz, obschon ein gutes Stück weiter? Die gleichen
Schiffe, der gleiche Diesel, die gleiche Menge Besatzung, die (hoffentlich)
gleichen Sicherheitsbestimmungen und Wartungsintervalle … Ach so, wir Deutsche haben
ja mehr Geld! Oder bekommen die Angestellten bei der gleichen Fährlinie auf der
anderen Strecke etwa mehr Gehalt? Falls ja: Warum eigentlich?
Also zurück zur vermeintlichen Grenzkontrolle: Bei
mehr als 2000 Kilometern mit dem Auto über Land und durch einige Städte sehe
ich nur ein einziges Mal Politsei in
Schweden. Da stehen ein adrette junge Dame und ein junger Bursche, beide in
schicker Uniform, an der Straße, vor und hinter einem liegengebliebenen LKW –
und schauen sich ganz freundlich gelöst einfach die vorbeifahrenden Autos an. Erst
später fällt mir auf: Ich hatte das Abblendlicht nicht eingeschaltet, wie es
Pflicht ist. Na und? Das hat die Polizisten auch nicht aus der freundlichen
Ruhe gebracht. Nachdem ich mindestens 600 Kilometer unterwegs war, hat mich mal
ein aufmerksamer Autofahrer kurz angeblinkt, und da ging mir dann das Licht
auf. Im Nachhinein ahne ich: das war wohl war ein deutscher Tourist.
Der sensationelle Knüller an der politseifreien Sache ist: Obschon ich
nun mit einem um mehrere Tage abgelaufenen Ausweis unterwegs bin, niemals
kontrolliert oder behelligt werde, führe ich weder einen Terroranschlag aus, noch
verklappe ich irgendwo Müll oder verprügele Elche – unglaublich, oder? Und auch
sonst beobachte ich keinen bei solchen Taten.
(Ja, es ist wahr: Man kann auch ohne amtliche
Bestätigung oder Überwachung ein guter Mensch sein!)
Das grandiose Allemansrätten,
das Jedermannsrecht! Man darf lagern und zelten, wo man will. (Sofern man sich anständig
benimmt. Das sollte sich ja ohnedies von selbst verstehen.) Es ist ja auch kein
Mangel an wunderbaren und geeigneten Plätzen dafür. An den Tausenden herrlichen
Seen voller glasklarem Trinkwasser überall öffentliche Badeplätze, oft mit
Grill und Feuerstelle. Ferner gepflegte, individuell und naturnah gestaltete Rastplätze
alle paar Kilometer. Nicht wie in Deutschland an der Autobahn extra abgesperrt
zum Umland, sondern im Gegenteil extra mit Zugang zum benachbarten Badegewässer.
Saubere (meist sogar Behinderten-)Toiletten und Mülleimer finden sich an den
Straßen genauso wie an jedem Bade- und Rastplatz. Ja, weitgehend gepflegte
Raststätten und anständige Imbißketten gibt es in Deutschland auch; doch Geld
bezahlen für das kleine, allzu menschliche Bedürfnis? Nej, jedenfalls nirgendwo in Schweden! Und selbst mitgebrachte
Speisen und Getränke verzehren? Jo,
warum nicht? Quasi jedes Rastplats, jede
Rastsätte namens vägrog (ich höre den
Wegekrug heraus), jede Wanderhütte, jede Herberge und selbst McDonalds halten
dafür eigens eine Mikrowelle für ihre Gäste vor. So sieht echter Kundenservice
aus! Ja, in den rustikalen, aber märchenhaft gemütlichen Wanderhütten, Stugas, im Gebirge gibt es regelrechte
Selbstbenutzungsküchen bester Güte und Ausstattung, ungeachtet weiterer
Essenangebote zum Kaufen.
Nun, in den Schnellimbißketten funktioniert das mit
dem Kaffe wie bei uns, ja, aber in
den Restaurangs und Cafés findet sich
oft das einnehmende påtår-Ritual
(gesprochen: potor): Einmal sein Täßchen bezahlen, beliebig oft selbst an der
Kaffeemaschine oder Thermoskanne füllen. Ich war ziemlich verblüfft und wollte
schon abwinken, als der junge Kellner bei meiner Frage nach einem Käffchen in
Richtung der vor seiner Theke stehenden Kaffeedurchlaufmaschine wies. Sie war
nicht in Betrieb, doch er befüllte und startete sie eigens für mich, und gleich
mit einer mehr als halbvollen Kanne. „Na,
vielleicht nehmen sie ja meine Bestellung nun zum Anlaß, wieder Kaffee
aufzusetzen“, war mein Gedanke, obschon es abends gegen Sieben war. Nein,
das war für mich zum nachfüllen! Der Preis übrigens umgerechnet bei knapp 1,50
Euro. Ruckzuck zahlbar mit Karte, wie fast alles in Schweden (außer Bustickets,
die sich nicht selten als gratis herausstellen … doch ich greife vor). Bequeme
Sache. Ich habe im ganzen Schwedenurlaub keine einzige Krone in der Hand gehabt
und auch keine gebraucht.
Und die Zurückhaltung! Kein Schwede wird ungefragt
kluge Ratschläge erteilen, einen zurechtweisen, sich aufdringlich benehmen. Und
das selbst dann nicht, wenn man etwas falsch macht, was ja mal passieren kann. In
einer der Berghütten habe ich versehentlich mit den Bergschuhen in einer der
Selbstbedienungsküchen hantiert, bis mir endlich auffiel, daß alle anderen in
Socken oder Hausschlappen herumliefen und ihre Schuhe im Vorraum abgestellt
hatten: Bemerkt hatten es sicherlich alle oder die meisten, gesagt oder komisch
getan kein einziger. Mir fiel auch erst später auf, daß diese Kunden-Küchen
wahrscheinlich in erster Linie für zahlende Nachtgäste im einfachen
Lagerquartier sind, weniger für Zelter – ich bin mir bis jetzt nicht sicher.
Manchmal zumindest müssen jene einen Pauschalbetrag dafür bezahlen, nicht
selten auf Basis der Vertrauenskasse. Doch es hat sich niemand an mir gestört!
(Ich habe, anstelle einer monetären Bezahlung, die Räume natürlich blitzblank
und aufgeräumter hinterlassen, als ich sie vorfand. Ja, zweimal habe ich mich
nach langer, schwerer Wandertour, einfach mit in die ohnedies betriebene Bastu – heißt Sauna – gesetzt, überaus dankbar, und ohne, daß
jemand Anstoß daran genommen hätte.
Ach ja, und noch was Schönes zum Thema Berghütten:
Es ist dort guter Brauch, daß es da Tauschkisten gibt: Wer irgend etwas an
seinen Lebensmitteln nicht mehr braucht, läßt es einfach da für die nächsten vandrars, Wanderer. Ich habe jedesmal in
den entsprechenden Regalen oder Kisten allerhand entdeckt; einmal – besonders
willkommen – hochkalorische und dennoch extrem leichte Trekkingnahrung, einfach
zubereitbar.
Ja, unaufdringlich sind sie, die Skandinavier – doch
gleichzeitig achtsam und überaus hilfsbereit. Wo sie weniger reden, da helfen
sie mehr. Einige Beispiele in chronologischer Folge: Etwas Wichtiges am etwa
800 Meter entfernt geparkten Auto, jenseits der Bahngleise, vergessend habend,
bitte ich den Fernbusfahrer, auf meine Rückkehr zu warten – es sind nur 5
Minuten bis zur Abfahrt, und ich muß den Bus unbedingt kriegen. Wird prompt zugesagt
und eingehalten. Als ich schnaufend zurückkomme, ist die freundliche Frage nur,
ob ich das Gesuchte gefunden habe? Dann will ich das Biljett beim Fahrer bezahlen. Dessen Kartenlesegerät im Bus spinnt
wohl. Er winkt mich freundlich durch, dann eben so. Exakt das gleiche passiert
mir noch zweimal, wobei es einmal möglicherweise auch an meiner Karte liegt:
Jedesmal wird mir die Fernfahrt schlicht geschenkt. Es geht dabei übrigens um
einige hundert Kilometer – mehr als 70 Euro werden mir so erlassen.
Als ich nach der ersten Busankunft ausgestiegen bin
und der Bus gerade abgefahren ist, fällt mir – ach Du Schreck!! - eine am Platz
vergessene Jacke ein. Blitzartig wuchte ich meinen irre schweren Rucksack am
Straßenrand ab, spurte dem Bus über Eck hinterher – es gelingt mir, vor ihn zu
kommen und mit einer wedelnden Handbewegung auf mich aufmerksam zu machen. Die
freundliche Busfahrerin hält an, öffnet lächelnd die Tür, und ich habe 3
Sekunden später meine Klamotte wieder; als ich dann die etwa 200 Meter zurückkomme zu meinem
Gepäck; hat ein dort wartender älterer Herr eine verständnisvolle Bemerkung für
mich übrig und gibt zu verstehen, er habe unterdessen sicherheitshalber mal auf
meine Sachen aufgepaßt. (Höchstwahrscheinlich wäre das gar nicht nötig gewesen
– ich habe dann noch mehrere Male Gepäck stundenlang irgendwo in der
Öffentlichkeit stehengelassen: Es fällt einem Schweden (selbst einem öffentlich
Angestellten oder verbeamteten) wohl im Traum nicht ein, sich an den Sachen
anderer zu vergreifen. Auch der in Deutschland mittlerweile zum albernen
Standard gewordene Mißtrauenshinweis auf Flughäfen und Bahnhöfen, sein Gepäck
nicht unbeaufsichtigt zu lassen (es könnte ja sonst jemand Übereifriges auf den
Gedanken kommen, es wäre eine Bombe drin), dürfte hier allenfalls auf
Schmunzeln treffen.
Zurück zum Bus: Einmal steige ich bei einer
Fernfahrt eine Station zu früh aus, irgendwas habe ich übersehen: Mit charmanter
Geste winkt mich der Fahrer wieder herein, und gibt mir den Hinweis, ich bräuchte
auch an der nächsten, der eigentlichen Station nicht umzusteigen, so er sich
recht über mein eigentliches Ziel entsinne – sein Bus führe unter anderer
Nummer dahin weiter, wo ich hin will.
Alles selbstverständlich? Schön wär´s. Zu Hause in
Deutschland ist in solchen Fällen schon gern mal ein miesepetriger Rüffel zu
erwarten, gerade von Busfahrern … (Nein, es gibt natürlich auch hier sehr
freundliche! Aber die fallen prompt als Ausnahme auf. Oder?)
Einmal stehe ich etwas ratlos vor einem
Parkscheinautomat – rätselnd, wie ich an den kostenlosen Schein für Ladennutzer
komme. Ich lasse daher erstmal eine hinter mir wartende, jüngere Frau vor (etwas
gröber im Auftritt, vielfach tätowiert), und schaue bei ihr zu: sie zieht
wortlos ein solches Gratis-Ticket … und drückt es mir in die Hand, für mich. Dann
nimmt sie noch eins für sich.
Als ich jemanden danach frage, wo ich das Auto für
zwei Wochen in Bahnhofsnähe kostenlos parken kann, bekomme ich nicht nur den
gesuchten Tip (unweit der Stationen ist ein
riesiger Parkplatz am See, völlig kostenfei – denn es wird nirgendwo in
Schweden künstliche Knappheit erzeugt um des Profits Willen, wie bei uns),
sondern werde 15 Minuten später, wiedererkannt, auch gleich noch zur richtigen Buss-Plattform geführt.
Ein kleiner Exkurs zum Stichwort „künstliche
Knappheit“: Ich war kaum wieder in Deutschland zurück, da konnte ich es erneut
studieren, auf Usedom. Da ist ein Weg zu einem Parkplatz – Richtung Meer – gekennzeichnet, und natürlich wimmelt es
auf diesem Weg, obwohl an sich genug Platz ist, bereits von Park- und
Halteverbotsschildern, damit die interessierten Wohnmobilnutzer dann auch ja
ihre Gebühren auf dem eigentlichen Standplatz entrichten! Derselbige dann
übrigens seinerseits mit Schranken verbarrikadiert und eingezäunt ähnlich einem
Gefangenenlager. An der Stelle muß ich wirklich sagen: Widerlich! Und
überhaupt: Da schreien sie alle nach mehr Touristen, die Kommunen. Aber kaum
kommt einer, wird er von vorne bis hinten abgezockt! Kein Stand- oder Parkplatz,
ohne zu bezahlen. Und mehr oder schönere Parkfläche wird es ja auch nicht durch
Tickets und Verbotsschilder. Warum muß man in Deutschland an der Ostsee mittlerweile,
genauso wie an der Nordsee, fast überall schon als Fußgänger Strandgebühr
bezahlen? Gehört das Meer etwa jemandem? Ich als Thüringer würde die (Un-)Heiligendammer
und Stral(unge)sunder dafür nur in unseren schönen Wald lassen gegen saftige
Gebühren: Zumindest die, welche dort bei der Kommune knechten und ums Goldene Kalb
tanzen.
Doch zurück nach dem logisch verbundenen (Garten)
Eden. Was noch? Es gibt nur sehr dezent Werbung und Reklame. Wie entspannend
das ist für die Augen und die Seele, wenn man durch ein Land fährt! Es gibt
wunderbare Straßen, wenig LKW-Verkehr, gegen Null gehende Baustellen: Ja, nun, wie
machen die das? Vielleicht wuppt die Bahn hier doch genau das, wofür sie
besonders geeignet ist: Den Schwerlastverkehr? Natürlich, Schweden ist ein
sattes Stück größer als Deutschland, und es wohnt nur ein gutes Zehntel der
Menschen im ganzen Land. (Nebenbei: Wir müssen als eines der
bevölkerungsreichsten Länder der Welt ja nicht gleich Leute ausweisen oder
Euthanasie betreiben – aber zudem noch massenweise Leute aus aller Welt
aufnehmen? Leute, die ganz andere Wertevorstellungen als wir haben? Ziemlich
eindeutig: Nö!) Bei so geringer Bevölkerungsdichte wie in Skandinavien ist
manches ja gewiß einfacher. Aber das allein kann es nicht sein. (Zumal ja auch
die Straßen- und Schienendichte viel geringer ist.) Ein Quintett ist ja nicht
automatisch besser als ein großes Orchester! Wenn jeder das richtige tut und
alle an einem Strang ziehen – vor allem in eine Richtung – dann können
grandiose Sinfonien zu Gehör kommen.
Und weiter? Ja, auch Blitzer gibt es in Schweden.
Sogar reichlich! Viel mehr als bei uns. Doch sie sind immer (ja, immer!) wenige
hundert Meter vorher angekündigt, meist mit dem noch mal erneuerten Hinweis,
welche Geschwindigkeit hier gefahren werden darf. Sie stehen nie versteckt,
sondern gut sichtbar am Straßenrand. Ich bin bei den etwa 2000 Kilometern und ungezählten
Fahrstunden im Elchland nicht ein einziges Mal geblitzt worden; ich habe hier
auch noch nichts von Knöllchen wegen Parkvergehens was gehört oder gesehen. Es
geht also in Schweden eindeutig darum, den Verkehr zu regulieren, und nicht
darum, Fahrern in die Tasche zu greifen. (Was selbst bei uns in vielen Kommunen
letztlich völlig nutzlos ist, geben die meisten Städte doch etwa genausoviel
Geld für die Ahndung der Ordnungswidrigkeiten aus, wie die damit einnehmen.)
Die zahlreichen Familienangebote in den Museen, die
Selbstnutzungsangebote, die Vertrauenskassen, die nicht abgesperrten privaten
Plätze und Orte, ja, die gesamte Infrastruktur zeigt Schweden als ein sehr kinder-
und eben familienfreundliches Land. Das macht es einem ebenso sympathisch wie andererseits
seine unaufdringliche Außenpolitik und die militärische Neutralität. Wie oft
hat Schweden Soldaten in den Krieg geführt? Dreimal. In den letzten 500 Jahren.
Einmal im Dreißigjährigen Krieg als Verbündete der Reformierten in
Mitteldeutschland; einmal um Herrschaftsansprüche in Dänemark, und einmal in
einem kleinen Hilfseinsatz im afrikanischen Kongo in den 60er Jahren des 20.
Jahrhunderts. Doch, nein, halt! Derzeit haben die Schweden auch noch ein paar
Dutzend Frau und Mann in Afghanistan und
Mali. (Denn die NATO versucht Schweden weiter an sich zu ziehen.) Gemessen an manch
anderen Staaten mit erhöhter Wichtigkeit und Selbstanmaßung sind das
Pipi-Langstrumpf-Streiche.
Zum Thema Unfrieden und NATO: Im Flygwapenmuseum von Saab erfuhr ich zwar
zu meinem Erstaunen, daß es auch in Schweden zu Zeiten des Kalten Krieges wohl
doch eine recht große Furcht gegeben haben soll vor einem Angriff der
Sowjetunion oder des Ostblocks … (Ich kann das nicht nachvollziehen, aber so
wird es dort dargestellt. Vielleicht ist da öffentliche und veröffentlichte
Meinung, wie bei uns, auch nicht deckungsgleich.) Trotzdem hat sich das große Land
mit den wenigen Einwohnern auf sich selbst verlassen und seine
Landesverteidigung souverän selbst organisiert, und ist bis heute nicht den
wohlfeilen und bequemen Einflüsterungen der NATO (ich höre da immer schon
„Nahtod“ heraus) erlegen. Mit eigenen Flugzeugen, mit eigenen Panzern, mit
eigenem Konzept. Wer wirklich frei sein will, der verläßt sich eben nicht auf
andere, sondern vertraut sich selbst. (Und Gud.)
Ach ja: Wer in einer deutschen Metropole, einer
mittleren Kreisstadt oder selbst noch auf dem Dorf in der Nähe einer
Fernverkehrsstraße oder Autobahn lebt: Der hört doch eher mehrmals am Tag
irgendwelche Sirenen und Martinshörner, sei´s von Polizei, Rettungswagen oder
Feuerwehr. Also aufregende Alarmhast. Und in zweieinhalb Wochen Schweden, auf
Straßen, in Städten, quer durchs Land von Nord nach Süd? Keinmal. Nirgendwo, ingenstans. Einfach Stille,
unbeschwertes, gelöstes Miteinander. Ja,
wie machen die das denn nur? Was machen sie anders? Gibt’s da etwa weniger
Herzinfarkte? Oder nur weniger Ärzte? Wahrscheinlich beides – und was hier
Ursache und was Folge des andern ist, sei dahingestellt.
Und, irgendwelche Einwände bisher? Finden Sie nicht
auch, daß allerhand in Schweden besser läuft als in Deutschland? Natürlich kann
ich nach einigen Urlauben – und ohne die Landessprache zu beherrschen – nicht
behaupten, ich kennte dieses Land. Ich weiß wenig bis nichts von den Sorgen (?)
und Freuden seiner Bewohner. Doch es scheint mir sehr deutlich, die
Skandinavier gingen erheblich rücksichtsvoller und bewußter miteinander und
ihrem Land, ihren Ländern (in Norwegen ist es wohl nicht viel anders) um. Mit
sich, mit einander, mit ihrem Gemeinwesen. Ich sage daß als eingefleischter
Liebhaber meiner Heimat, als Patriot, als Liebhaber Deutschlands, nicht ohne
Verdruß. Verdruß darüber, daß es zumindest einige andere soviel besser können
als wir, wie es scheint. Wenn es darum geht, Gutes und Schönes über Deutschland
zu sagen, bin ich sonst an erster Stelle! Aber mit Gutem meine ich wirklich nurmehr
das deutsche LAND. Keinesfalls den STAAT. Der hat abgewirtschaftet und ist im
jetzigen Zustand keinen Pfifferling mehr wert. Zumindest ich verwettete keinen roten
Steuercent mehr auf unsere öffentliche Verwaltung. Die ist unrettbar hin. Und
ich bin der letzte, der ihr nachtrauert.
Ja, und was meinte ich nun eigentlich für drei Länder, die mit SCH und W anfangen?
Neben der Schweiz noch (die allerdings, so gipfelschön sie ist, vielleicht noch
schlimmer ordnungsversessen und überreguliert ist, als wir es sind).
Diesbezüglich muß ich mich bei den zahlreichen mohammedanischen Zuwanderern
bedanken, die uns, ob ernst oder scherzhaft (ich weiß es wirklich nicht), ja
angeblich als „Schweinefresserland“ bezeichnen. Klingt böse! Doch ich habe das
noch nie ernsthaft von einem gehört, kenne auch das nur aus den überdrehten
Medien. Leider stimmt es ja aber in der Sache doch: Nicht nur, wie wir mit
unseren Bürgern, sondern auch unseren Tieren
umgehen, gerade den Schweinen, ist unter aller Sau. Und spricht nicht für achtsamen
Umgang mit dem, was man uns gegeben hat. Mit dem Land, mit der Umwelt, schlicht
mit der Schöpfung. Dann doch lieber Köttbullar
oder gebratene Hähnchen aus Tofu, die durch die Luft fliegen. Oder Sverige als Ganzes.