Warum uns China nicht überholen kann, warum uns Rußland nicht angreifen wird, warum Amerika uns mehr braucht als wir es – und wofür unser Heimatland überhaupt steht
ALLERORTEN SCHEINBAR BEDROHLICHES:Deindustrialisierung des Landes in vollem Gang, übergeschnappte (linksgrüne) Ideologiepolitik, Geo-Gewaltpolitik des sterbenden US-Imperiums, Kriegslüsternheit, zunehmende Energieabhängigkeit vom Ausland, Überalterung, innere Spaltung, wahnwitziger Hypermoralismus, Auswanderung gebildeter Einheimischer und massenweise Zuwanderung von Hinz und Kunz von Sonstwoher. Deutschland zwischen irrlichternder Großmannssucht und verzagtem Kleinmut. Dabei einzig einheimisches wie weltweites Streben nach Geld und Kapital. Geht alles endgültig den Bach hinunter, stirbt Deutschland, stirbt die Welt?
Ja. Und nein. Das alte Deutschland stirbt. Die alte Welt stirbt. Und es muß alles sterben, um neu geboren zu werden. Das Zeitalter des Materialismus ist vorbei. Zumindest geht es endgültig zu Ende. Das vermeintlich ewige Wirtschaftswachstum, der angeblich dauernd steigende (materielle) Wohlstand, namentlich der „westlichen“ Welt: Es kann natürlich nicht weitergehen, denn die Ressourcen sind endlich. Und wir sind dabei alles in allem (noch) auf ziemlich hohem Niveau. Aber nur materiell gesehen. Geistig gesehen ist das Niveau auf historischem Niedrigwasserstand, Jahrhundertebbe. Der politische Übermoralismus, die deutsche Weltverbesserungsattitüde ist dabei ein Phänomen der aktuellen Zeit, nicht früherer Zeiten. Sie wurzelt in der verinnerlichten Rolle der politisch einfältigen und dummen, gleichzeitig wirtschaftlich übersättigten Wohlstandskinder der Nachkriegszeit Westdeutschlands. Wir, sie haben geistiges Wachstum getauscht gegen materielles: Bananen im Winter, schnelle Autos und gemütliche Jogakurse mit Jasmintee gegen Humanismus, Bildung und gereifte Verantwortlichkeit.
All das sind die Geburtswehen der neuen Zeit. Wir, gerade wir, müssen uns besinnen auf das, wozu wir – als Deutsche – da sind. Als Dichter und Denker, als Forscher, als Mittler, als Philosophen und Einigende. Als realistische Leiter mit Vorbildfunktion.
WIR MÜSSEN VERSTEHEN, daß die Welt nicht mehr gegeneinander funktioniert. Daß Menschen und Staaten nicht miteinander konkurrieren, sondern miteinander arbeiten und miteinander leben müssen. Alle Länder, alle Ethnien, alle Menschen sind Teil des Organismus „Welt“; alle Organe haben darin eine wichtige und ganz eigene, absolut notwendige Aufgabe. Niemand und keiner ist überflüssig. Jeder ist wichtig, gerade in seiner ureigensten Individualität.
Wirtschaftlich, also materiell gesehen, heißt das: Selbstverständlich soll und muß jeder das tun, was er am besten kann. Was können beispielsweise China und Indien? Als riesige Länder mit immens vielen fleißigen Menschen und Rohstoffen können und dürfen, ja sollen sie durchaus die erste, auch größte „Werkbank“ der Welt sein. Materielle Dinge, die Menschen in aller Welt brauchen oder wünschen, sollen durchaus dort gefertigt werden, um dann Dank Welthandels und guter Verbindungen dahin zu gelangen, wo sie genutzt werden. Wenn wir Angst haben davor, daß etwa China uns irgendwie „überholt“, dann ist diese Angst erstens gespeist aus dem Konkurrenzdenken und Verdrängungswettkampf – einer typisch westlichen, geradewegs amerikanisch und angelsächsisch ausgerichteten Denkweise, welche die vergangene Zeit geprägt hat. Das ist vorbei, und diese Denkweise ist auch nicht die (fern)östliche. Zweitens ist diese Angst gespeist aus der gegenwärtig völlig desolaten Mentalverfassung unserer Gesellschaft: wir wissen nicht, wer wir sind und was wir tun sollen! Verkennung des Umstands, daß eben jeder seine Aufgabe hat, aber alle auf höherer Ebene tatsächlich zusammengehören und zusammenwirken müssen.
WAS IST ALSO UNSERE ROLLE? Unsere Rolle ist die des Dirigenten im Orchester! Der Dirigent kennt die Gesamtpartitur und im Wesentlichen auch die Noten für jedes einzelne Instrument, er hat die Einzelstimmen der Sänger im Ohr und im besten Fall auch deren Texte. Er hat musikalisches Taktgefühl und die besten Gesamtkenntnisse zur Musik. Er führt alle harmonisch zusammen, er leitet sinnvoll an zum Nutzen aller, ja, er ist als Verantwortlicher für alle der erste Diener des Orchesters, der Vater des Klangkörpers. Im besten Fall ist er obendrein der Komponist des Stücks. Und das heißt eben nicht, daß er sich herausgehoben über alle stellt, um sich wichtig zu machen, seine Eitelkeit zu pflegen und mehr Geld als andere zu verdienen; das Gegenteil wäre richtig. Der echte Komponist als Künstler schreibt himmlische Stücke nach höherer Inspiration und versucht sie zu intonieren, zu Freude und Nutzen aller Beteiligten. Nicht zuletzt des Publikums. Ohne Selbstüberhöhung, sondern mit Fleiß, Freude und großer Verantwortlichkeit. Nötigenfalls auch mit väterlicher Fürsorge und Strenge für pünktliches Dasein zur Probe, für richtiges Stimmen der Instrumente und gemeinsames Anstimmen des Werks, für den richtigen Takt und das richtige Temperament jedes Einzelnen. Er fördert und fordert. – Im anderen Bilde, jenem des Organismus: Wir, die Deutschen, sind Gehirn und Verstand des Körpers, ausgefüllt von Geist. Der Kopf versucht nicht, die Aufgaben der Leber oder der Beine zu übernehmen, auch nicht die des Herzens oder der Augen. Er koordiniert all diese Organe und belebt sie, hält alle zusammen und harmonisiert. (Selbstverständlich ist das Bild ungenau und die Wirklichkeit erheblich komplexer.) „Mens sana in corpore sano“, gesunder Geist nur in gesundem Körper. Diese kluge Weisheit, durch Verkürzung geradezu ins Gegenteil des Ursinns verkehrt im materiellen Zeitalter, heißt beim (ausgedachten!) römischen Spottdichter Juvenal vollständig: „Orandum est ut sit mens sana in corpore sano“, also „man möge beten, daß in dem gesunden Körper auch ein gesunder Geist sei“. Kurzum richtiger: Gesunder Körper nur bei gesundem Geist!
Ist der Geist derzeit gesund? Nein. Der Geist ist krank, wir sind krank. Weil wir immer noch in den Kategorien des 20. Jahrhunderts, ja, des zweiten Jahrtausends denken, des schieren Materialismus. Der Körper kommt aber nicht vor dem Geist, der Geist kommt vor dem Körper! Der Mensch stammt nicht vom Affen und vom Einzeller ab, sondern von Gott. Uns selbst, unserem höheren Selbst. Denn der Mensch ist geschaffen nach Gottes Ebenbild. Wir stammen nicht aus der Vergangenheit – die Vergangenheit stammt aus dem Jetzt. Denn wir denken sie uns jetzt aus.
WENN WIR DIE WELT HARMONISIEREN WOLLEN, ein neues Zusammenleben begründen, so müssen wir es miteinander tun, ganzheitlich, mit Geist und Seele. Warum fällt uns das – als Deutschen – so schwer? Weil wir belastet sind mit ungeheuerlichen Schicksalsschlägen, deren letzter nicht ansatzweise verarbeitet ist. Der zweite Weltkrieg und die ewige Schuld- und Sühnefrage; die angebliche Überschuld der Deutschen, der daraus folgende Kleinmut und die geistige Verantwortungslosigkeit, Selbstmitleid und völlig verkehrte, weil destruktive Selbstdemütigung und Demutshaltung. Demut vor Gott und der Schöpfung ist gut, weltliche Selbstdemütigung und Kleinlichkeit ist schlecht! Wer sich klein fühlt oder klein macht, kann nichts bewirken, schon gar nicht Großes. Kann um so weniger verantwortlich führen. Wer aber soll dann führen, wenn der, der es eigentlich kann und tun soll, es nicht tun will? Soll der Trompeter sich auf das Pult stellen und den Dirigenten spielen? Sollen der Körper das Gehirn ersetzen?
Ich will noch ein anderes Bild
wählen, ein medizinisches. Kann ein Mensch körperlich gesund sein, wenn er
mental krank ist? Kann ein Mensch fröhlich sein und singen, schaffen, helfen,
wenn er an Depressionen leidet, an Selbstzweifeln, ewig an einer posttraumatischen
Belastungsstörung laboriert, sich in Phantastereien verliert? Natürlich nicht.
Es ist offenkundig, daß der deutsche Patient an Angst leidet, an vermuteter
Selbstunwirksamkeit, an Furcht vor sich selbst. Das ist alles wahnhaft, und das
alles ist wohl die Folge einer eher absichtsvollen Planung der Kriegsgewinner
des letzten Weltkriegs, die ihrerseits Angst hatten vor den Deutschen, ja, dem
Deutschtum selbst. Wie ist es denn, das Deutschtum, was ist das? Was macht den
Deutschen aus, wenn er gesund ist? Er ist schöpferisch und hochkreativ,
fröhlich und voller Gottvertrauen. Tüchtig und erschaffend, friedlich,
kooperierend und verantwortlich. Frisch, fromm, fröhlich und frei. Er ist edel,
hilfreich und gut. In einem Zeitalter des konkurrierenden
Denkens und Handelns kann das von anderen als Bedrohung erlebt werden. Als
Zumutung. Als unerwünschtes Strebertum angesehen werden. Wie beliebt ist der
Primus der Schulklasse? Sieht man ihn nicht, als weniger begabter oder als
weniger fleißiger Schüler, gern straucheln? Doch das ist Schülerdenken der
alten Welt, Denken in Wettbewerbskategorien, Denken in der Pubertät. Wir sind
aber keine Schüler mehr, wir sind jetzt erwachsen. Oder wir müssen es werden.
Und die, die es noch nicht sind, müssen mitgenommen werden, liebevoll umsorgt
und gefördert, auch gefordert. Der wirkliche, der erwachsene Primus sorgt sich
zuletzt um sich selbst – er sorgt sich um die ganze Klasse. Der müssen wir sein,
mutatis mutandis. Der gute Mensch denkt an sich selbst zuletzt. Damit er sich um alle sorgen kann, allen
helfen kann, alle fördern und fordern kann, muß er aber selbst stark sein und
voller Selbstsicherheit. Voller Selbstgewißheit, und voll Gottvertrauens. Ein
kranker Primus kann es nicht, ein selbstzweifelnder, ein ängstlicher, ein
verzweifelter gar. „Wenn Du zur Tat
kommen willst, muß Du die Türen des Zweifels fest verschließen“, so sinngemäß
Nietzsche. Welche Handlung also ist gefragt? Eben nicht die des zunächst
materiellen Schaffens. Nochmal, wir müssen und sollen nicht die besten oder
meisten Autos (oder Waffen) bauen, die nachhaltigsten Kunststoffe der Welt
produzieren oder die grünste Energie produzieren (genauer ja nur: umwandeln!);
wir sollen allenfalls all dies ersinnen und jenes erdenken. Vordenken,
koordinieren, sinnvoll anleiten.
Die Staaten der Welt dürfen nicht mehr gegeneinander konkurrierend handeln um Rohstoffe und Strom, um schöne Wohnungen und süße Früchte, so wie Firmen es auf dem Weltmarkt tun. Wir müssen handeln als eine „Weltfirma“, gefälliger „Kombinat“: mit verschiedenen Abteilungen, deren jede spezialisiert ist auf das eine oder andere. Und unsere Rolle als Deutsche ist dabei die Rolle der Abteilung für Forschung und Entwicklung, allenfalls, vielleicht auch „nur“ die Rolle der Kombinatsleitung, die Rolle des Generaldirektors oder des Vorstands und Aufsichtsrats.
Nicht? Höre ich Zweifel? Ja, wissen Sie vielleicht einen besseren im Orchester der Völker? Wer sollte diese wichtige Rolle – wichtigste und unwichtigste zugleich! – besser spielen als wir Deutsche? Wer kann es denn besser, vermuteterweise oder bewiesenerweise? Zumindest eine Macht kann es nicht, wir sehen es allzu deutlich in den letzten Jahrhunderten und Generationen (symbolisch und ausgedacht, denn der Gedanke entsteht ja hier und jetzt – ich will also auch selbst zu meinen oben gesagten Worten verantwortlich und widerspruchsfrei stehen): Die angelsächsische, die amerikanische Welt. Sie denkt polar, sie denkt konkurrierend; sie denkt an sich, selbst zuletzt. (Schreiben sie nicht schon das "I" für "ich" stets groß, das "you" für "Du" stets klein?) Dahinter liegt selbstgefälliger Übermut, gepaart mit Unsicherheit. Daher ist sie auch im höheren Sinn nicht „schuldig“ zu sprechen – sie muß geheilt werden von beidem. Sie hat andere, ebenso wichtige Aufgaben im Kombinat. Was können beispielsweise die US-Amerikaner besser als alle anderen? Sie können gut reden, sie können gut verkaufen, sie können sich gut wichtig nehmen und also tatkräftig sein. Das ist durchaus sinnvoll und notwendig. (Sie sind sozusagen „Halbstarke“ in der fortgeschrittenen Adoleszenz, bezogen auf die Entwicklung eines Menschen, cum grano salis.) Es soll und darf aber nicht egoistisch motiviert sein und allein zum Eigennutzen führen, sondern nur auch zum Eigennutzen – gleichviel zum Nutzen aller. Dafür müssen sie aber die Rolle als angemaßter und unfähiger Dirigent abgeben an erfahrenere, weisere und reifere Persönlichkeiten. Und wer ist erfahren, weise und reif? Der, der viele Schicksalsschläge hat einstecken müssen, gewachsen ist an vielen Schwierigkeiten. Der, der also auch ein gutes Stück alt ist. (Alt, alternativ, alternierend denken könnend.)
WIR SIND MOMENTAN ALT, rein weltlich betrachtet als Gesellschaft, und das ist gut so. Eine neue, frische Generation wird kommen. Doch wir sind auch krank. Mental krank. Voller Zweifel, voller Verzagtheit, innerlich zerrissen – ungeheilt. Noch ungeheilt. Daher ist auch der Körper, die Welt krank, ungeheilt. Deutschland muß gesunden, wir müssen gesunden. Erst danach kann die Welt genesen und heilen, gesunden, im Außen wie im Innen. Die Geburt der neuen Welt schließt die Geburt eines neuen deutschen, schillerschen Geistes ein und setzt ihn zwingend voraus: auf das danach ein neuer gesunder Weltkörper erstehen und wachsen kann. Um einen anderen berühmten Denker zu bemühen, mit etwas milderer und heiterer Attitüde: „Scheltet mir nicht die Deutschen. Wenn … die Welt untergegangen ist, wird sie ein deutscher Träumer in seinen Träumen wiedererstehen lassen“. Heinrich Heine, sinngemäß.