11. Januar 2025

[Geschichte] Die Traum-Waschmaschine

 

Wie ich ein Drehbuch in Echtzeit schrieb, dabei hochkonzentriert dessen Hauptrolle spielte und mich gleichzeitig perfekt als Publikum langweilte

Schuld war die frisch gewaschene Bettwäsche. Sie hing direkt neben der Chaiselongue.  Ich träumte von einer Waschmaschine, die ich selbst war. Und zwar der unwahrscheinlichsten Waschmaschine, die es je gegeben hat (obwohl es sie in Wirklichkeit nie gab): Denn sie stellte eine zukünftige Waschmaschine dar, wie man sie sich in der Vergangenheit ausgedacht hätte. Etwa so Mitte der Achtziger Jahre im 20. Jahrhundert.

Wir reden also von etwas wie Retro-Science-Fiction, oder auch sehr verspätetem „Dampf-Punk“. (Was mir übrigens für eine Waschmaschine gar kein so schlechter Rahmen zu sein scheint, schon allein wörtlich.) Zu der Zeit, da ich diese unglaubliche Geschichte schreibe – nachdem ich sie gerade in meinem luziden Traum erschaffen habe – wissen wir natürlich, daß sich die Waschmaschinen keineswegs so rasant und vor allem nicht so spektakulär entwickelt haben, wie man damals sicherlich dachte, daß sie es tun würden. Es sind immer noch einfach nur große, weiße Kästen, an deren Innenleben sich seit 100 Jahren so gut wie nichts geändert hat, nur daß mittlerweile der Deckel und einige weitere Teile aus Kunststoff statt lackiertem Blech sind. 

Und es gibt mehr Mäusekino, vor allem digitales. Also ein paar rote oder blaue LEDs, dazu einen großen, elektronischen Drehgriff und vielleicht bei teureren Modellen noch eine Flüssigkristallanzeige und WLAN. 

Kinkerlitzchen, wenn Sie mich fragen, absoluter Humbug! Früher war anstelle dessen einfach ein mechanischer Drehschalter mit integrierter Programmablaufuhr, der die Wäsche genauso gut – und vor allem viel nachvollziehbarer – durchspülen ließ. Und es gab einen Temperaturdrehgriff, mit dem man jeden beliebigen Wärmegrad einstellen konnte. Einfach, logisch, vernünftig und praktisch. Heute steht auf dem Wahlschalter nacheinander sowas wie > Start ° Buntwäsche ° Soft ° Hosen ° Hemden ° Kurz ° 40 Grad ° Sportsachen ° Leise ° Selfcleaning ° Knitterfrei ° Schranktrocken“.

Mir stehen da alle Haare gekräuselt zu Berge, und ich ahne, warum sich Menschen auf Straßen festkleben! Das ist für mich so, also ob ich jemandem das Spiel „Monopoly“ wie folgt erkläre: „Das ist so mit Geld und Gefängnis und Spielanleitung, für etwa 3 – 5 Menschen oder Frauen, auch mit Figuren, besteht aus einem bunten Pappkarton, und man spielt damit am Abend, meistens am Tisch.“ (Ich füge das hier nur bei, damit Sie etwas vorsichtiger werden, wenn Sie mich nachher, am Ende der Geschichte, vielleicht für ein bißchen verrückt halten. Ich bin nicht verrückt, ich habe solche irren Waschmaschinen nicht erfunden. Verrückt sind die anderen!)

Na, wie auch immer. Erinnern Sie sich bitte kurz an die Achtziger Jahre. Damals dachte man, daß in der Zukunft so ziemlich alles von Robotern gemacht werden würde. (Außer Sex, natürlich.) Und diese vorgestellten Roboter sahen vorzugsweise mehr oder weniger menschlich aus. Sie hatten Rumpf, Arme und Hände, Beine, Kopf mit Augen und Mund. Und nach diesem Strickmuster war jene Waschmaschine gehäkelt, von der ich rede (wenn ich mal ein schiefes sprachliches Bild hinhängen darf, auf dem das Kind mit dem Badewasser in den Brunnen geschüttet wird): Sie ist ein dicker, weißer Kasten, der klobige, grafisch angedeutete Beine zum scheinbaren Laufen hat – obwohl er sich in Wirklichkeit nur auf seinen integrierten Rollen bewegt, immerhin in beliebige Richtungen. Obenauf einen Kopf mit angedeutetem Mund, aus dem allerlei Geräusche dringen können. Rechts und links am Rumpf angebrachte Arme, die sich vielleicht in einer Richtung schwenken lassen, wie bei einer simplen Puppe; wozu auch immer. Von Lämpchen oder LEDs keine Spur, allenfalls gibt es irgendwo eine analoge Temperaturanzeige mittig auf der Brust, vielleicht die Andeutung einer Antenne auf dem Kopf. - Ja, Antenne ist gut! Damals ging der gedachte Fortschritt immer nach oben, zum Himmel, am besten Richtung Weltraum. Also denken wir uns eine kleine ovale Satelittenschüssel dazu auf dem Kopf des Geräts ...

Und nun kommt der Knüller! Gehen Sie mit mir bitte in der Vorstellungswelt aus dieser Zeit hinaus in eine Zukunft etwa 30 oder 40 Jahre später, die aber nicht die heutige Zeit ist – sondern die Fortsetzung jener Gedankenwelt. Unsere visionäre Roboter-Waschmaschine aus den Achtzigern ist mittlerweile entsprechen alt und verschlissen, hier platzt etwas Farbe ab, dort gibts einige Rostflecken, da einige Beulen. An einem der Drehknäufe ist etwas Plastik abgebrochen, an der Ecke, links vorn. Sehen Sie es? Hallo, nicht da, ich sagte links, liihiiinks - das andere liiinks!

Sie sehen es trotzdem nicht? Macht nichts. Spielt so gut wie keine Rolle. Wir wechseln jetzt ohnehin die Ebene. Stellen Sie sich bitte vor, Sie seien diese Waschmaschine! Jawohl. Anstelle des bekannten Körpers um sich aus Fleisch und Blut sind Sie jetzt dieses klobige Etwas, das „Waschmaschine 2025“ heißt, oder so ähnlich. Das heißt, genaugenommen, „zukünftige Waschmaschine aus der Vergangenheit“. [Ja, hallo, das ist ein bißchen schwierig, aber dafür handelt es sich ja auch um einer der außergewöhnlichsten Geschichten überhaupt, die Sie je hören!!!]

Die angedeutete Verbeulung etwa können Sie sich so vorstellen, daß Sie Ihren Kopf etwas seitlich einziehen und gebückt stehen, Blick mit einem halbgeschlossenen Auge nach unten. Ich denke da an Karl Dall. Und statt zu reden, murmeln oder gurgeln Sie bloß vor sich hin, und zwar rythmisch, und immer mit Pausen von etwa 10 Sekunden dazwischen. Die gewöhnlichen Waschmaschinen drehen doch auch immer einige Sekunden vor, dann stehen sie still, dann drehen sie einige Sekunden rückwärts. Nicht wahr? (Wenn Sie sich das wirklich nicht vorstellen können, wie ein Waschmaschinenroboter murmelt oder gurgelt, denken Sie halt einfach, als Hilfskonstrukt, an das Gewäsch einer gewissen deutschen Außenministerin*In.)

Die Waschmaschine, die Sie jetzt sind, kann sich auch frei im Raum bewegen, also hin- und herlaufen auf dem Boden, genaugenommen also rollen. Das könnten Sie jetzt gut mit trippeln andeuten, und dabei gern ein bißchen schwanken.

Wichtig ist, daß Sie deutlich zeigen, daß die Waschmaschine wegen ihres Alters deutliche mechanische wie elektrische Defekte hat; sagen wir, ein paar dicke Schrauben locker sitzen hat: sie knarzt und rumpelt, macht schleifende Geräusche beim bewegen, spuckt und spotzt hin und wieder, und blubbert dabei gleichmäßig vor sich hin.

So! Und zu der Kulisse gehören jetzt noch andere Personen. Nämlich vor allem die beliebige Hausfrau, die eigentlich gerade mit dieser Waschmaschine waschen will, aber wegen der Defekte und Eigenmächtigkeiten der seltsamen Maschine nicht mehr richtig klar- und hinterherkommt. Denn unsere drollige Waschmaschine bewegt sich ja auch unentwegt fort, mitten durch die Stadt. Übrigens ziemlich ziellos. Momentan steht sie gerade auf dem Parkplatz eines größeren Lebensmittelgeschäfts. Immerhin, es ist klarer Himmel und blitzender Sonnenschein. Wie schön ... Im nächsten Moment wechselt die ganze Kulisse, und Hausfrau samt Maschine sind wieder im Bad oder Wäschekeller ihres Hauses, wobei die Person sich eher wundert über das komische Gerät; und Sie – als das Gerät! – ganz still in der Ecke stehen, vereinzelt muckernd.

Wann endlich kommt noch einmal der Monteur, der das Ding begutachtet und zur Räson bringen soll? Der sich auskennt und an den richtigen Knöpfen dreht? Erinnern Sie sich, wie schön das war, als sich noch jemand mit Ihnen beschäftigt hat? Als der Rohrexperte so überaus fachmännisch mal hier drehte, dort klopfte und da etwas zog? Als er die Hand prüfend auflegte, als er den Fühler eines Meßgerätes anlegte und zwei Klemmen anheftete, um Sie prüfend herumging, sie dann links ein bißchen anhob und darunterschaute mit nachdenklichem, aber Selbstvertrauen aussendendem Blick? Als er Sie bespielte, als Sie ganz im Mittelpunkt standen, nicht viel tun mußten und trotzdem alle Aufmerksamkeit auf sich zogen? Als jedes rauschende Brummeln, welches Sie von sich gaben, meisterlich und damit richtig beurteilt und gewertschätzt wurde? Ja, das war vorhin! Oder damals, als der Monteur da war. Jetzt aber stehen Sie hier nur so rum, und keiner weiß noch richtig was mit Ihnen anzufangen. Nur diese Hausfrau da, die dort sitzt, die … na ja, die halt nur da sitzt, aber auch nichts weiter macht.

Wie schwierig sich das spielen läßt, das Nichtstun an sich! Was soll man da als Schauspieler schon machen? Wir sind doch mitten auf einer Bühne, und alle Augen sind auf uns gerichtet! [Nun gut, man könnte wieder an die Außenpolitik denken ...] Wie wird diese kafkaeske Geschichte weitergehen, wie sollen wir das spielen und ausdrücken? Und gleichzeitig auch noch ausdenken, denn wir sind doch auch der Autor der Geschichte? Wir spielen das Stück im gleichen Moment schon, wo wir es uns noch ausdenken. Und das zum ersten Mal immerhin! In spielender Echtzeit. Donnerlüttchen! Wir denken es uns aus, weil wir genau wissen, daß das Ganze nur ein Traum ist, und zwar ein luzider. Also ein Klartraum. Daher können wir den Traum ja auch steuern – müssen ihn sogar steuern. Er entfaltet sich keineswegs nur von selbst.

Wir sind, und das ist das Schlimme als auch das Wunderbare daran, selbst völlig verantwortlich dafür, daß und wie es weitergeht. Und wir können uns gleichzeitig, je nachdem, wie wir es schaffen, die Handlung weiterlaufen zu lassen (und dabei zu allem Überfluß auch noch selbst die Waschmaschine perfekt zu mimen!), köstlich amüsieren.


Sehen Sie! Genau das meinte ich mit dem Titel. Jetzt bin ich wieder am Anfang der Mär angekommen, die Rohrschelle schließt sich, sozusagen. Jetzt bin ich genau an dem Punkt, wo ich mich perfekt und hochkonzentriert langweile (was natürlich ein Paradoxon ist!). Im Stück passiert nichts mehr, weil mir nichts mehr einfällt, wie es weitergehen könnte. (Vielleicht gleite ich ja schon langsam ins Aufwachen hinüber?) Gleichzeitig staune ich über diese unglaublich seltsame, irre und abgedrehte Geschichte, und bin begeistert von mir selbst, wie gut ich eine Waschmaschine darstellen kann. Noch dazu eine zukünftige aus der Vergangenheit, die defekt ist und eigentlich fast nichts mehr tut. Ich bin die Waschmaschine und langweile mich, weil ich nur noch rumstehe, und bin gleichzeitig das Publikum im Saal, das begeistert ist von dem Darsteller, der derart professionell und gekonnt und absolut authentisch eine nichtstuende, einfach nur rumstehene Waschmaschine spielt!

Tja.

Hm.

Das ist nun die ganze Geschichte. Leider hat sie keinen richtigen Schluß. Ich kann es momentan nicht ändern. Ich hoffe, sie gefällt Ihnen trotzdem ein wenig, unsere kleine Geschichte?

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Also gut, ich gebe noch ein kleines Feuerwerk dazu. Gratis.

pffffffff …. zzzschschschch … RRUNNNGGGGS-krrrrchch!!!

30. März 2024

[Poesie] Das Meer und die Frau

 

Du liebst mich, stets kommst du zu mir.

Ich liebe dich, stets nehm ich dich auf.

Und wenn du Sehnsucht hast, setzt du dich her zu mir;

und wenn du traurig bist, kommst du zu mir,

und weinst dich bei mir aus – ich tröste dich und

nehm´ die Tränen freudig in mich auf: dein kleines Meer.

 

Ich hör dir zu, mit ewig gleicher Langmut und Geduld,

und geb dir Antwort, wenn du fragst.

Ich gebe dir mein dauernd Wort,

das ewig gleiche.

 

Und wenn du froh bist, kommst du her zu mir

und freuest mich mit deiner Freude;

ich hebe deinen Frohsinn mit dem Winde

über alle Weiten in die Ewigkeit.

 

Dann willst du in mich kommen, ich nehm dich an.

Deine Haut lecken und dich kühlen, deinen Körper

umspielen und umfassen,

dein Haar und deine Lippen küssen.

Ich seh dich deine Kleider lüften, denn du bist allein mit mir;

entblößt die nackte Brust und steigst aus deinem Höschen;

dann kommst du auf mich zu; ich netze dich,

du prüfest mich, gehst neckisch kurz zurücke,

und näherst dich erneut.

 

Dann kommst du ganz: Ich küsse dir die Füße erst,

die Waden, Knie und Schenkel dann.

Und bei dem ersten Kusse auf den Po schrickst wohlig du

noch einmal kurz zurück, und bleibst dann stehen,

so daß ich zart mit hundert kleinen Lippenspielen dir

die Scham nun feuchten kann.

Ich koste dich, da wo du salzig bist und feucht wie ich,

erkenne dich, umschmeichle dich.

Unser Vorspiel frischt dich auf und reizet dich,

und gar nicht lang, wirfst du dich endlich ganz in meine Arme. 

Verschmilzt mit mir, ich trage dich.

Du schwimmst dann ein paar Züge,

öffnest mir dein ganzes Freudenreich von lauter Herrlichkeit

und nährest meine Lust;

ich kuschel´ mich an deinen ganzen Leib und schmus´ dich sauber, 

umschmeichle dich mit saugend Mündern, kostend Lippen,

weichen Wellen hier und da an allen Stell´n.

 

Und wenn du gehst, dann laß ich dir auf deiner Haut ein wenig

Hall von mir zum Abschied und Gedenken,

damit auch du mich weiter schmecken kannst

und Wellengleiche bist.

 

Und wenn du liebst so manchen Mann,

dann denkst du doch an mich im Still´n.

Und liebst mich so, wie ich dich liebe:

heiß und innig und für alle Zeiten,

ohne Zwang und nur Genuß.

Und immer da.

 

Besuchst mich gerne, immer wieder.

Keine Treue ford´re ich von Dir –

so kommest du zurück in allem Jahr

und bist empfangen stets mit sanfter Liebe und Getöse.

Ich schenke dir an jedem Tag den rauschendsten Empfang

in allen Ehren und rolle dir den nassen Teppich aus.

Ja, recke dir schon alle meine Zungen just entgegen,

reib´ sie wund nach dir in Sand und Strand!

 

Und mir ist auch die Freiheit lieb;

da wo du fehlst, da küss´ ich and´re Weiber,

eng umschlinge sie und küsse deren Berg und Tal,

und schmecke sie und schmiege mich in sie.

(Groß ist mein Herz und meine Weite.)

 

Und manches Mal, von Zeit zu Zeit,

wenn schwer das Leben lastet auf den Brüsten,

kommt ein Weib zu mir für immer.

Ich nehm es auf und tröste es

und laß es gleiten, sinken, fallen

in mein Zauberreich, gewaltiges.

Dann lieben wir uns ewiglich – es ist bei mir, ich bin bei ihm. 

Umschlungen und verschmolzen ganz, 

behüt´ ich seine Seele und besinge seinen Schlaf, 

und streichle, küsse, schmiege und liebkose; 

wir feiern kymisch´ Hochzeit ohne Unterlaß,

ein wellenhüpfend Paar in Freud und Frieden,

Einigkeit; zu aller Zeit in Einem.

 

 

19. Februar 2024

[Gedicht] Romantik am Riff

 




Ein einsames Gezeitenkraftwerk

steht im Watt und träumt

von weißem Roß und Liebesschwur –

derweil es in ihm schäumt.

 

Es träumt vom Mond und dessen Bahnen,

und tät ihn gerne küssen.

Stattdessen, ach, im Meeressand

steht´s mit kalten Füßen.

 

Es fühlt lunatisch sich umworben

bei Ebbe und bei Flut.

Oh, strömte ihm doch Rotwein nur

statt Wasser: das wär gut!

 

Vom Oheim wähnt sich´s aufgeladen,

spürt Schmetterlingsrumoren

im Bauch. (Du unerfahr´nes Ding:

Das sind Generatoren.)

 

Gern würd´s dem goldgeliebten Mann

zurufen, wie sich´s regt;

daß sich´s von ihm alleine nur

fühlt durch und durch bewegt!

 

Wie´s schafft und wirkt und niemals matt,

weil er ihm scheint so schön.

Du Wirbelspund, hör! Deine Watt

die stammen nicht vom sehn:

die Kraft, die wirbelnd in dich fährt,

macht nicht des Mondes Blick;

mit Schwere wirkt er! Abgeklärt:

sonst wär´s Photovoltik.

 

---

 

Egal. Der Nachtherr mag es gerne,

anhimmelnd´ Liebestick;

zwar energetisiern ihn Sterne –

doch liebt er leis zurück.

 

 


29. Januar 2024

[Rechercheknüller] Meisterwerk Perla la Gadeons aufgetaucht!

Der Sieger Wurm 


- übertragen aus dem Mittel-Zamonischen* von medfux-

 

Ist es, ihr Herdenhoffner, Fortschrittsfürsten, Lebensposaunisten,

ein böseherzig, abscheuwürdig, gallig´ Kreaturenleiden,

wenn dort, wo nurmehr Eiter, Pest und Abschaum nisten,

die Welt sämtlich zugrunde geht: in Buchheims eklen Eingeweiden?

 

Porrah, deskir lott u mender

mo ra, damalkus n´egender.

 

Soll denn, ihr buchumgürteten, bebrillten, lebensfeisten

Gärtner der Bildungswollust, Gralshüter sittensamer Reben,

der Kosmos aller Bilder, Zeichen, Zeitgereisten,

nie untergehn? Wollt ihr, Dichtergeschmeiß, denn ewig leben?

 

Porrah, deskir lott a mender,

no´o ara, filbu f ´nndör …

 

Der Lindwurmfeste gegenunter, gleichtief wie jene himmelsstrebend,

erstreckt sich Unheims lungernd Orkuspforte, tot und kalt;

so wie diese, Tugend, Stil, Bildung und Würde hebend,

so jene: Niedertrachtend, bös, gehörnt und ewig alt!

 

Porrah, deskir lott a mender –

Doskaa disczel ul grexpänter!

 

Ein tiefenirdisch´ Meer morbiden Strebens, voll böse lungerndem Zerfall,

wo alles, was entsteht, mit Recht zugrunde und von hinnen,

geht; wo nurmehr Käfer, Maden, Werwolf, Tausendfüßler giftesprall

einander schlagen, reißen, würgen: Skorpione, Stechkrebse und Spinnen!

 

Porrah, deskir lott a mender:

tora, zelix, mu. A vendar.

 

Wo im Papierschutt Schleim, Fäkalien, Buchstaub, Wortschlamm hausen,

wo´s wimmelt, knistert, raschelt, fiepst und knarzt,

wo speicheläugig Bücherratten sich von Zecken und Gespenstern lausen,

wo´s schwärt, stinkt, hinkt, sich hebt und sinkt - und pockig warzt:

Da tasten fettig-haarige Tentakel voll Panzerschuppen durch das Dunkel,

und zucken, peitschen, ätzen, würgen, schneiden durch die ew´ge Nacht.

Ob scheinbar´s oder wirklich´s Leben, ob irdisch Wesen, ob Homunkel,

gleichviel: es endet doch und stets und ganz in diesem Höllenschacht!

 

Porrah, deskir lott a mender:

Su Galga, qer ra quol. Jo Iender!

 

Wer schafft, muß auch zerstören wollen – wer baut, muß ewig niederhaun.

Und schüfen Wesen endlich auch den göttergleichen Babel-Bildungsturm

und könnten dort auf alle Zeiten, jedes Wollen, ganz Zamonien schaun:

säh´n Sie nur Müll, Verwesung, Darben. Es triumphiert der Sieger Wurm.

 


 

 * In den kehrreimartigen Zwischenstrophen nutzt La Gadeon eine Altform des Urzamonischen oder eine sehr abseitige, kaum gebräuchliche Mundart, deren Übersetzung unmöglich war; jedwede deutsche Darstellung wäre zu einer allein auf Mutmaßung basierenden Neudichtung verkommen.